Der Romkreis - ein interdisziplinäres Projekt 2004 in Rom.

 

Auf einem rituell ausgemessenen Kreis von ca. 1 km Durchmesser mit dem Pantheon als Zentrum - siehe auch Startseite und unter Projekte - werden an zwölf Punkten Blütenstaubmarkierungen mit Olivenöl aufgebracht. Eine ausführliche Dokumentation - Katalog und Film von Daniel Esser - begleitet das Projekt.

 

Die folgenden Fotos sollen einige Aspekte der Aktion selbst illustrieren und weiterhin einen Blick auf das Zentrum und den Ausgangspunkt des Projektes, das Pantheon, gewähren.

Der Text auf der Startseite weist auf grundsätzliche Gedanken der Idee hin, die nicht so leicht zugänglich sind, aber mir für das Verständnis der Aktion umso wichtiger erscheinen. Ausführlicher wird die Arbeit in einer begleitenden Dokumentation vorgestellt. 

 

Installation zu dem Projekt Der Romkreis.

An den zwölf auf einem Kreis um das Pantheon markierten Punkten wurden Videoaufnahmen gemacht, die in der Ausstellungsinstallation, auf Bildschirmen reproduziert, die Realität der Stadt Rom in die ganz andere Wirklichkeit eines Kunstraumes transportieren. 

Die Aktion

bestand vordergründig zunächst aus der Markierung eines Kreises um das Pantheon an zwölf ausgewählten Punkten.

Die Wahl des Kreises, der als geometrische Grundform auch die Kuppel dieses Bauwerkes bestimmt, die Zahl 12 und der Messvorgang greifen sakrale, politische, kosmologische und ästhetische Vorstellungen auf, die in der Entstehungszeit des Pantheons präsent waren, deren Verbildlichung wahrscheinlich auch für den Bau des Tempels selbst ausschlaggebend waren und die bis heute wirksam sind.

Exemplarisch sollen dazu nur die außerordentliche Bedeutung der Zahlen - für die Pythagoreer waren sie etwas Heiliges - und des Quadriviums (die Wissenschaften der Geometrie, der Arithmetik, der Musik und der Astronomie) zur Zeit des Pantheonbaues erwähnt werden. 

In der ritualisierten Handlung meines Projektes, der Messung und Markierung, wird noch eine weitere Idee angesprochen. Sie strebt eine Verbindung von oben und unten an, von Geist und Materie und von Himmel und Erde, wie sie im Konzept des Pantheons enthalten ist und wie sie ursprünglich von Platon entwickelt mit philosophischen Konsequenzen im Neoplatonismus durch die Geschichte des Christentums hindurch im abendländischen Denken  verankert wurde.

Die perforierte Suppenkelle - in ihrer Mitte mit einer zentralen Lichtöffnung, umgeben von 12 weiteren im nächsten Ring - ist ein ideales Instrument, um diese Verbindung zu verbildlichen.

Gegen den Himmel und die Sonne gerichtet sind die Lichtpunkte reine geometrische Form, körperloses Licht und apollinische Ordnung.

Nach unten auf das Pflaster gelegt, wo die Markierung durch den Blütenstaub erfolgt, berührt das Instrument die Erde, nimmt Kontakt mit dem Staub, dem Dreck, dem chtonisch Ungeformten und dem Vergänglichen auf.

 

Patriarchale und matriarchale Ordnungen werden traditionell oben und unten lokalisiert, was sich auch in der Vorstellung von der Dominanz des Männlichen in politischer Herrschaft niederschlägt. Die erste, eine expansive, die Welt erobernde Haltung, die Natur transzendierend, tendenziell zerstörend, die Sterne und das Universum, besonders die Sonne im Blick, wird seit antikem Denken dem Männlichen zugeordnet. Die zweite, eine auf das Selbst, auf die Gemeinschaft und deren Sicherheit und Bewahrung bezogene, die mit der Natur und der Erde verbunden ist, wird als weiblich gesehen.

Die beschriebene Handlung der Lichtmessung und Markierung führt beide zusammen, sie schafft ein Bild der Versöhnung: mit beiden Füßen auf der Erde stehend, richtet sich der Messende zuerst nach oben zum Himmel und anschließend zum Boden, zur Erde. 

 

Der/die die Gestirne Messende und der/die die Suppe Rührende werden eins.

 

 

Die zwölffache Wiederholung des Rituals auf der Kreislinie und die Verwendung von Blütenstaub und Olivenöl verweisen auf unsere Doppelnatur, auf unsere - in kulturhistorischer Tradition so gedachte - Abstammung vom Göttlichen bei gleichzeitiger Verbindung mit dem Animalischen, auf das Geistige und die Materie, auf die Ordnung und das Chaos, auf Kultur und Natur und damit auf das Leben, seine Vergänglichkeit aber auch auf den immer neuen Anfang, seine ewig gleich bleibenden Zyklen. 

Videostills, Lichtmessung und Markierungen mit Blütenstaub an

12 Punkten auf einem Kreis um das Pantheon (Fotos oben und unten)

Ein Schaumlöffel als Markierungswerkzeug (Fotos oben)

Das Pantheon: Umgebung und Nahaufnahmen z.B. auch der Granitsäulen der Pantheonvorhalle (Fotos unten)